Die schöne neue Welt der Postnormalität

Einleitungstext zu unserer gleichnamigen Konferenz, die am 3. Juni 2023 in Frankfurt a.M. stattfindet.

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Am 25. Mai 2023 startet im Studierendenhaus auf dem Campus Bockenheim unter dem Titel »Unhaltbare Zustände« die sogenannte Zweite Marxistische Arbeitswoche. Die Veranstaltung ist als Fortsetzung einer Zusammenkunft von Marxisten und Kommunisten im Jahr 1923 konzipiert, bei der sich unter anderen Richard Sorge, Friedrich Pollock, Georg Lukács, und Karl August Wittfogel in einem Thüringer Bahnhofshotel mit den »Behandlungsarten des gegenwärtigen Krisenproblems« sowie Fragen der marxistischen Methodik und Organisation beschäftigt haben. Das in diesem Jahr stattfindende Remake mit Deutschlands populärstem Heimatkritiker Thomas Ebermann als Headliner klingt nach fast drei Jahren verordnetem Stillstand, der an deutschen Universitäten bereitwillig hingenommen wurde, bemerkenswert kämpferisch. Anlass für die Vortragsreihe ist das 100-Jahre-Jubiläum des Instituts für Sozialforschung (IfS), dessen Leitung sich im Festjahr zum Ziel gesetzt hat, zurückzublicken und Bilanz zu ziehen, um zwecks Neuorientierung aktuelle »gesellschaftliche Krisenphänomene« umfassend in den Blick zu nehmen.

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Der Kampf gegen die islamische Unterwerfung ist international

Solidarität mit den Aufständischen im Iran

Am 13. September wurde die 22-jährige Mahsa Amini wegen eines nicht richtig sitzenden Kopftuchs von der iranischen Sittenpolizei festgenommen und anschließend totgeprügelt. Im ganzen Land brachen Proteste los, auf die der Staat mit Knüppeln, Schüssen und Verhaftungen reagierte. Die Zahl der getöteten Demonstranten wächst täglich. Konfrontiert mit der Heftigkeit des Widerstands appellierte der oberste Hassbotschafter der islamischen Republik, Ayatollah Ali Chamenei, in seiner Freitagspredigt am 23. September an die Wehrbereitschaft der treu ergebenen Untertanen, die mit Warnungen vor antimuslimischem Rassismus auch im Iran einfach zu ködern sind: »Es geht [den Protestierenden] darum, unsere Religion anzugreifen. Es geht ihnen darum, den Koran zu verbrennen und Moscheen anzuzünden. Es geht ihnen darum, das islamische Kopftuch abzuschaffen.«

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Aufstand für das totale Realitätsprinzip

Uli Krug instrumentalisiert den Narzissmusbegriff

Spätestens seit der Corona-Krise ist unabweisbar geworden, dass auch antideutsche Ideologiekritiker, die ansonsten gern die Verzivilgesellschaftung des Staates beklagen und das Mitmachertum von Intellektuellen denunzieren, immer häufiger selbst reden, als wären sie Mitglieder der Regierungskoalition, Team Adorno im Ehrenamt. Leider ein besonders gutes Beispiel für diese Tendenz ist das jüngst in der Edition Tiamat erschienene Buch Krankheit als Kränkung von Uli Krug. Im ersten Teil seines Buches, in dem er aus Anlass der Corona-Krise die historische Entstehung von Epidemien und Pandemien behandelt, diagnostiziert der Autor, dass die entgrenzte globale Dynamik der »neuen internationalen Arbeitsteilung« die Verelendung ganzer Regionen zur Folge habe, in denen sich durch mangelnde Hygiene, Umweltzerstörung, moderne Viehwirtschaft und aus der Not geborene Essgewohnheiten Viruserkrankungen aller Art entwickelten und ausbreiteten. Dadurch, dass mit den modernen Transporttechnologien auch die modernen Erreger mobil würden, schlügen die Folgen des Elends der Welt nun auf die westlichen Metropolen zurück. Covid-19 wird dabei von Krug als das »Virus der Wahrheit über die neoliberale Revolution der vergangenen gut vier Jahrzehnte« (37) aufgefasst.[1] Die erkenntnisbringende Rache der Natur werde so schnell nicht enden, denn es dürfte »keine nachpandemische Zeit mehr eintreten, die nicht zugleich wieder eine vorpandemische wäre.« (43 f.) Zwar gingen ähnliche Versuche, die Zukunft vorherzusagen, in der Vergangenheit immer krachend schief, aber dem Leser wird so zumindest rhetorisch deutlich gemacht, dass hier unter dringlichsten Bedingungen gemahnt und gewarnt wird.

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Frankfurts Schande

Zur Säuberungskampagne gegen Oberbürgermeister Peter Feldmann

Nach einem weiteren langen Winter verordneter Isolation in der heimischen Familienzelle, im geschrumpften Freundeskreis und in der Betriebsklitsche durften im Frühling endlich wieder einmal die Kontaktbeschränkungen und die Masken fallen. Schönes Wetter trieb die Leute auf die Straßen, in die Parks und auf die Bierbänke – und bescherte ihnen reihenweise die böse Überraschung, nach langer Abstinenz mal wieder fremden Personen gegenüberzusitzen und dabei festzustellen, dass man einander außer der eigenen Krankheits- und Impfhistorie praktisch nichts mehr zu sagen hat. Wie gut also, dass schon bald darauf ein ausgemachter Großskandal das Frankfurter Stadtgespräch neu belebt hat und das peinliche Schweigen am Café- oder Wirtshaustisch dem befreienden Gemotze über einen als geltungssüchtigen Frauenschreck überführten Einzelnen weichen konnte. Die Rede ist von Peter Feldmann (SPD), dem Frankfurter Oberbürgermeister, der zehn Jahre lang als freundlich grinsendes Maskottchen der Stadt am Main wohlgelitten war – und nun in Ungnade gefallen ist.

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Volkskunst gegen Israel. Zum Elend des Kulturbetriebs

Dokumentation unserer Rede bei der Kundgebung des Bündnisses gegen Antisemitismus Kassel, die am 18. Juni 2022 vor dem Hauptgebäude der documenta abgehalten wurde. Eine vollständige Dokumentation aller Redebeiträge findet sich hier.


Im Fall der documenta hat man es mit einem Milieu zu tun, in dem ein sich als progressiv missverstehender Antisemitismus gegenwärtig wohl am stärksten und dreistesten um sich greift: dem deutschen Kulturbetrieb. Aktuell zeigt sich dessen Antisemitismuskomplex wieder in der Einladung mehrerer BDS-Unterstützer zur 15. Auflage der documenta. Vor allem die Künstlergruppe ruangrupa, die als Kuratorenteam der documenta mit Vorliebe für die heimatliche Scholle fungiert, tat sich als safe space für Israelfeinde hervor. Deren von postmoderner Seite als natürlich verklärte und gefeierte vermeintliche Ursprünglichkeit ist der Ausgangspunkt für einen archaischen Traditionalismus, der sich in der künstlerischen Tätigkeit des Kollektivs Bahn bricht. Passend dazu hat die ruangrupa auch umstandslos ein gemäß der Homepage der documenta »stetig wachsendes Kollektiv Kulturschaffender und Community Organizer aus Palästina« mit dem vielsagenden Namen The Question of Funding nach Kassel eingeladen. Dessen Vertreter sind nicht grade erpicht auf jüdische Nachbarn, weshalb der Sprecher der Gruppe sich nicht »bloß« für BDS einsetzt, sondern in Interviews offen das Ende der Existenz Israels fordert. Dass Israel immer wieder als künstliches Gebilde und Zerstörer ursprünglicher Gemeinschaft von jenen attackiert wird, die gesellschaftliche Regression als Utopie anpreisen, ist indes kein Zufall: Indem Israel den Antisemitismus bekämpft, verteidigt das Land die Zivilisation, die den Gedanken beinhaltet, dass es auf den Einzelnen nicht bloß als Mitglied von Not- und Schicksalsgemeinschaften ankommt.

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Es gibt keine roten Linien mehr

Einleitungstext zu unserer Vortragsreihe Staat – Gesundheit – Subjekt, die im ersten Halbjahr 2022 stattfindet.

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Thesen zur Entgrenzung des Staates

»Ist das die Zukunft? Einlass nur noch mit Impfnachweis – oder mit einer unabänderlichen Patientenverfügung, in der ausdrücklich auf eine intensivmedizinische Behandlung verzichtet wird«, fragt besorgt der Leitartikler der FAZ und gibt sogleich Entwarnung: »Nein, das widerspricht rechtsstaatlichen Grundsätzen.« Ein Türchen zu noch autoritäreren Verhältnissen will er sich trotzdem offenlassen, denn: »Allerdings werden die Fundamente des Gemeinwesens auch dann angegriffen, wenn Einzelne nur grenzenlos genießen und sich vor allem unbehelligt ausleben wollen, die Kosten für diesen Delta-Spaß aber die Allgemeinheit tragen soll. Auch das ist eine Form von Sozialismus, der zur Abschaffung des freiheitlichen Gemeinwesens führen kann. […] Die Mehrheit kann das Ausleben von Ego-Trips nicht dulden, deren Kosten für das Gemeinwesen das Gewicht der Beschränkungen aufseiten der unverständigen Minderheit weit übersteigen.«[1]

Wie auf Seite 1 der »Zeitung für Deutschland« tagtäglich der Obrigkeitsstaat herbeigeschrieben wird, verrät, wie sich das Kalkül der autoritären Pandemiepolitik in den fast zwei Jahren Ausnahmezustand zum gesellschaftlichen Wahn verallgemeinert hat. Längst reicht es nicht mehr, die Kostenfälle, als die staatlich versicherte Kranke dem Gemeinwesen immer schon galten, nach dem Preis ihrer Prävention, Behandlung oder der Dauer ihres Dahinsiechens zu berechnen. Um sie als Risiko nicht nur für die Krankenkasse, sondern für die Moral der Notstandsgemeinschaft zu beschwören, bedarf es der Feindmarkierung: Wer dem längst bis in die Intimsphäre der Bürger hineinwirkenden Präventionsdiktat nicht gehorcht, gilt als asozialer Egoist, der sich Lust und Genuss hingibt, gar vom Staat »unbehelligt« bleiben und sich »ausleben« statt bloß überleben will. Nicht nur das Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung, auch das zivile Ethos einer noch nicht nach moralischen Kriterien selektierenden Ärzteschaft geraten in den Verdacht des »Sozialismus«, als der der entbürgerlichten Bürgerklasse nun schon allein der Anspruch auf rechtliche und medizinische Gleichbehandlung gilt. Erstere ist bereits kassiert, seit unveräußerliche Freiheitsrechte weitgehend widerspruchslos zu Privilegien der Mehrheit erklärt wurden; noch ist die Abschaffung der Letzteren den lustvollen Phantasien von der Triagierung Ungeimpfter vorbehalten.

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Kritik statt Dialog

Zur eskalierenden Kampagne universitärer Islam-Apologeten

Wir befassen uns nur äußerst ungern mit dem Islam und seinen Apologeten. Diese von Beginn an uninspirierte Religion, die überall, wo sie Macht gewinnt, nur Borniertheit, Hässlichkeit und gesellschaftliche Regression hervorbringt, ist kein erbaulicher Gegenstand geistiger Betätigung. Genauso wenig haben wir ein Faible für ihre Fürsprecher, die sich anschicken, individuelle Freiheiten sukzessive aus der Welt zu schaffen. Der Islam und die sich ihm Unterwerfenden interessieren uns nur, weil sie Hindernisse auf dem Weg in eine bessere Gesellschaft sind und allein deswegen bekämpft gehören.

Umso mehr freuen wir uns, wenn andere die lästige Arbeit übernehmen, der andauernden pro-islamischen Propaganda, die längst nicht mehr nur von bekennenden Islamisten befeuert wird, etwas entgegenzusetzen. Lästig ist diese Arbeit schon deshalb, weil man sich damit unvermeidlich zur Zielscheibe von erpresserischen Antirassisten macht, mit denen jeder einigermaßen vernünftige Mensch normalerweise nichts zu tun bekommen will. Weiterlesen „Kritik statt Dialog“

Frankfurter Mittelklasse

Über die Künstlergruppe Frankfurter Hauptschule und ihren konformistischen Kampf gegen Gentrifizierung, Monogamie und sehr alte weiße Männer

Am 13.11.2015 füllte eine junge Frau auf den Stufen des Frankfurter Römer eine Spritze mit Kochsalzlösung, stach sich die Nadel in den Unterarm und drückte ab. Was auf den nicht eingeweihten Betrachter gewirkt haben mag wie eine unorthodoxe Methode, seinen Kater zu bekämpfen, war tatsächlich ein seit Wochen mit großem Tamtam beworbenes Stück politischer Performance-Kunst, mit dem ein Zeichen gegen die Gentrifizierung des Frankfurter Bahnhofsviertels und die damit einhergehende »Verdrängung von Drogensüchtigen« aus dem Stadtteil gesetzt werden sollte. Geladen hatte das Künstlerkollektiv Frankfurter Hauptschule, das mit dieser Aktion erstmals an die Öffentlichkeit trat.[1]

Dass mediokre Studentenkunst sich zur politischen Aktion aufbläst, mag zumal in einer Stadt, in der das halbgebildete Palaver über kritische Theorie nach wie vor zum guten Ton auf jeder WG-Party gehört, nicht verwundern. Bemerkenswert an der Frankfurter Hauptschule ist aber das beachtliche mediale Interesse, das sie mit ihren Aktionen seit ihrer Gründung immer wieder generiert. Weiterlesen „Frankfurter Mittelklasse“

Die mobilisierte Gesellschaft und ihre Verlierer

Einleitungstext zu unserer gleichnamigen Konferenz, die am 16. November 2019 in Frankfurt a.M. stattfindet.

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Aᴅᴏʀɴᴏ: Wenn die Planung dazu führt, daß es keine Bettler mehr gibt, so verlöre die Planung selber die Totenstarre, dann würde sich etwas Entscheidendes verändern.
Hᴏʀᴋʜᴇɪᴍᴇʀ: Möglich, aber auch denkbar, daß es in die Barbarei zurückfällt.
Aᴅᴏʀɴᴏ: Die Möglichkeit des Rückfalls ist immer gegeben. In einer Welt, die so geplant wäre, daß alles, was man tut, in einer durchsichtigen Weise dem Ganzen dient und nicht mehr darin besteht, daß unsinnige Tätigkeiten ausgeführt werden, würde ich gern zwei Stunden am Tag einen Lift bedienen.
Hᴏʀᴋʜᴇɪᴍᴇʀ: Mit dieser These rasen wir dem Reformismus zu.[1]

Die Proteste der sogenannten Gelbwesten, die Ende letzten Jahres in Frankreich ihren Höhepunkt erreicht hatten, riefen auch der vom französischen Klassenkampf angewiderten deutschen Öffentlichkeit unweigerlich in Erinnerung, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse kein Schicksal sind, dass es immer und überall brav zu ertragen gilt. Man starrte nicht zuletzt deswegen wie gebannt auf die Demonstrationen und Blockaden im westlichen Nachbarland, weil die Protestierenden das Tabu brachen, nicht für irgendeine höhere Sache oder für ein bisschen symbolische Anerkennung auf dem Weltmarkt der Identitäten auf die Straße zu gehen, sondern um darauf aufmerksam zu machen, dass das Geld knapper, die Arbeit mieser und die Zumutungen immer unverschämter werden. Weiterlesen „Die mobilisierte Gesellschaft und ihre Verlierer“

Nazis sind out

Warum die Frankfurter Uni-Antifa das nicht begreifen will und ihr Nazi-Outing autoritäres Mobbing ist

Am 22. Januar 2019 stürmte eine Gruppe maskierter Antifas an der Frankfurter Universität eine Vorlesung in klinischer Psychologie, um eine Studentin als Mitglied der rechtsradikalen Identitären Bewegung zu »outen«. Das ging so: Die selbsternannten Campusschützer enterten lärmend den Hörsaal, stellten die Betreffende namentlich bloß und verteilten ein Flugblatt, in dem nicht nur Name und Adresse der »Täterin« genannt wurden, sondern in dem alle anderen Studenten gleichsam dazu ermuntert wurden, der nun im Fokus des antifaschistischen Volkszorns Stehenden bei einem »zufälligen Treffen« zu zeigen, was von »rechtsradikalen AkteurInnen« zu halten sei. Weiterlesen „Nazis sind out“